Qualität in der Pflege trotz Investorengeld

09.08.2019

Qualität in der Pflege trotz Investorengeld

Immer mehr Pflegedienste werden von Investorengruppen aufgekauft – die versprechen vor allem ausländischen Investoren hohe Renditen. Was bedeutet das für die Qualität der Pflege? Wiegt sie noch schwer genug gegenüber der Gewinnerwartung?

Pflegeheime und -Immobilien als Anlageobjekte

Schon länger werden Pflegeimmobilien – Häuser und Wohnungen, in denen Pflegebedürftige Menschen wohnen – heiß gehandelt. Sie gelten als „sichere“ Anlageobjekte und die Vermittler versprechen Renditen von rund 4,5 % für Privatanleger.

Dabei stellt sich die Frage, wo die Rendite für die Anleger herkommt. Denn es handelt sich bei den gekauften und verkauften Pflegeheimen längst nicht immer um Luxus-Betriebe, in denen die Gewinne durch den privaten Anteil der Zahlungen erreicht werden. Oft geht es um die „ganz normale“ Altenpflege, die nach der Übernahme weiter betrieben werden soll. Auch hier zahlen die Bewohner Mieten, und die finanzieren teilweise die Renditen.

Einkünfte haben die Pflegeheime sonst nur durch die relativ festen Zahlungen von Krankenkassen und Pflegediensten. Die können kaum erhöht werden. Ausgaben für die Pflege lassen sich durch Sparen am Material und natürlich am Personal senken. Kritische Berichte zum Thema leisten einen Balanceakt: Zu sensationssüchtig dürfen sie nicht sein. Zumal bisher wenig unabhängige Erhebungen zum Thema vorliegen.

Die Zeit berichtet über die Investitionen in Pflegeheimen ohne klar Stellung zu beziehen. Webseiten von Anbietern werben mit „sozialem Engagement“ als Bonusfaktor für eine der „renditestarken“ und „sicheren“ Investitionen.

Nach den Pflegeheimen nun die Pflegedienste?

Pflegedienste rücken zunehmend ins Visier der Investoren. Einerseits, weil auch der Markt an Pflegeheimen irgendwann aufgekauft ist – in einigen Gebieten gibt es mehr Leerstände als belegte Zimmer – andererseits, weil die Expansion in ein benachbartes Feld sich immer anbietet.

Schon lange gibt es Pflegedienstbörsen. Denn ohne die deutschlandweite Vermittlung findet sich nicht immer ein passender Nachfolger für die Pflegedienstleitung.

Heute werden die Pflegedienste dann allerdings oft von großen Ketten oder Investorengruppen aufgekauft. Und die entsenden Angestellte als neue Führungskraft in den aufgekauften Dienst – eine inhabergeführte Pflege findet aber nicht mehr statt.

Pflege für mehr Gewinn

Noch stärker als Pflegeimmobilien, bei denen der Gewinn zumindest teilweise einfach durch die Mieten erwirtschaftet wurde, ruht der Druck hier auf der Pflege selbst. Gleichzeitig sind die Gewinnansprüche auch noch mal höher – sie rücken eher zu fast 10 % auf.

Solche Gewinnspannen erzielen manche Pflegedienste – aber vor allem die sehr kleinen, bei denen 10 % vom Gesamtumsatz schlicht noch nicht genug wären, eine zusätzliche Kraft zu bezahlen. In größeren Pflegediensten steigt die Gewinnspanne nicht proportional. Eher kommen auch andere Verwaltungskosten hinzu, sodass zwar die absoluten Beträge steigen, die relativen aber sinken.

Und trotzdem sollen auch die größeren, etablierten Dienste, die jetzt aufgekauft werden, die gleichen Gewinne erwirtschaften. Wie kann das funktionieren?

Druck auf den Pflegedienst

Wenn ein Investor einen Pflegedienst aufkauft, dann wird nicht automatisch alles schlechter. Gerade stille Investoren mischen sich sicher nicht in den Tagesbetrieb ein und schreiben einer Pflegekraft vor, heute Frau Müller doch nicht zu besuchen oder ähnliches. Man kann ihnen auch nur in Ausnahmefällen vorwerfen, absolut dringend notwendige Investitionen zu blockieren – kaputte Autos eines ambulanten Pflegediensts müssen beispielsweise auf jeden Fall repariert werden.

Aber sie haben eben auch eine subtile Wirkung. Denn der Gewinn (und das Gewinnversprechen) sitzen der Leitung des Pflegediensts im Nacken. Ob eine externe Leitung von einer großen Investorengruppe, oder der bisherige Geschäftsführer: Beide können nicht so frei wie ein unabhängiger Pflegeanbieter überlegen, ob sie eine Einbuße im Gewinn in Kauf nehmen. Ob für ein besseres Betriebsklima, langfristige Gewinne oder schlicht in Anerkennung einer Schwankung am Markt.

Der gekaufte Pflegedienst wird abhängig

Ein gekaufter Pflegedienst wird so abhängiger von den Investoren. Und eine Entscheidung, die intern oder gegenüber einem anderen Pflegeexperten leicht zu rechtfertigen ist, kann plötzlich zur Hürde werden. Denn Investoren kommen nicht immer aus der Pflege. Gerade Fonds-Betreiber verstehen eben gerade Fonds – Zahlen, Geld, Ergebnisse – und nicht die Abwägungen, die in der Pflege dahinter stehen.

Deswegen möchten wir jetzt auf den ausufernden Aufkauf von Pflegediensten aufmerksam machen. Dadurch können wir vielleicht gemeinsam auf den Druck aufmerksam machen und den Stress mindern.