Impulse aus der Pflege: Digitalisierung

24.06.2022

Impulse aus der Pflege: Digitalisierung

Pflege muss besser werden – und die Anstöße können von Ideen aus der Pflege kommen. Wir sammeln in unserer Serie Ideen von Pflegediensten und Pflegekräften, wie wichtige Themen der Weiterentwicklung angestoßen und umgesetzt werden können.

Diese Woche geht es um das Thema Digitalisierung. Das ist in allen Lebensbereichen präsent und die meisten Anstöße und Überlegungen finden noch auf einer relativ „distanzierten“ Ebene statt – beispielsweise gibt es Aktionen in Universitäten zum Thema Erleichterungen im Alltag.

Wir wollen aber konkreter in die Pflege eintreten, als Hilfsmittel im Alltag zu beleuchten. Die sind super, helfen aber nicht direkt bei der Pflege.

Digitale Organisation

Computer sind klassisch gesehen Hilfsmittel, die Berechnungen schneller machen oder repetitive Aufgaben erleichtern. Sie sind als Beiwerk und nicht zum Selbstzweck geschaffen. Viele Leute arbeiten zwar heute den ganzen Tag über am PC, aber wenn die eigentliche „Arbeit“ in der Realität verwurzelt ist wie in der Pflege, scheint der Computer weit weg oder störend.

Hier kann die Rückbesinnung auf das Werkzeug Computer helfen. Computer sollen nicht die Pflege ersetzen, sondern das Beiwerk einfacher machen.

Dazu müssen Pflegedienste Computer einsetzen: zum Beispiel, um die Dienstplanorganisation besser zu machen. Sogenannte Schedulingprogramme können helfen, gute Dienstpläne zu schaffen und Zeit auf den Fahrten zu sparen.

Auf die IT zugehen

So ähnlich könnten spezialisierte Programme zum Beispiel auch bei der Pflegedokumentation helfen. Wie Habittracker könnte eine speziell geschriebene App die allgemeinen, repetitiven Fragen zur Pflege schnell und einfach abarbeiten. Notizen könnten – wenn die Implementierung sicher ist – direkt zur Kollegin geschickt werden.

Wer muss sonst noch Informationen bekommen? Welche Notizen wären praktisch? Welche Absprachen könnte man digitalisieren? Bei welcher Routinearbeit kann ein Computer oder eine App helfen? IT-Unternehmen und Wissenschaftler haben Ideen dafür. Aber sie haben nicht die gleiche Ahnung vom Arbeitsalltag in der Pflege wie diejenigen, die eben täglich darin arbeiten.

Gespräche zwischen ITlern oder Ingenieuren und denen, die in einem Bereich arbeiten, sind oft schwierig. Die einen wissen nicht, was den anderen wichtig ist. Und wer keine IT oder Technologie entwickelt, weiß nicht, welche Wünsche heute ganz leicht real werden können und welche unglaublich viel Aufwand bedeuten und die Mühe vielleicht gar nicht wert sind.

Pflegedienste können auch auf ITler zugehen und Vorschläge für Programme machen, den Dialog starten. Aufgeschlossene Profis aus IT, Ingenieurwissenschaften und Softwareentwicklung führen dann die Gespräche sinnvoll weiter.

Spielen ist menschlich: Gamer in Rente

Menschen und andere soziale Wesen zeichnen sich durch die Fähigkeit zum Spielen aus. Wir lernen dadurch – deswegen ist es so wichtig, dass Kinder viel spielen – und halten uns fit. Fähigkeiten, die wir alltäglich brauchen, werden ganz konkret trainiert und ausprobiert. Spiele geben uns die Möglichkeit, ohne echtes Risiko ganz viel zu wagen.

Computerspiele sind eine Variante von Spielen, die zwar auf den ersten Blick nicht viel Bewegung mitbringt, mittlerweile aber sehr sozial, anspruchsvoll, unterhaltsam und vielfältig sein können. Ob monotone Spiele wie Tetris, in denen man sich einfach verlieren und für ein paar Stunden gleichzeitig sehr konzentriert und gedanklich doch weit weg sein kann, oder Spiele, die menschliche Geschichten erzählen wie „The Last of Us“. Es gibt Spiele, in denen man seine Kreativität austoben kann, und Simulationen, in denen strategisches Denken gefragt ist.

Gaming in der Pflege

In Berlin wurde deswegen in einem Seniorenstift kürzlich eine Gaming-Aktion für Senioren durchgeführt. Mit einer X-Box und einer ganzen Reihe von Spielen zum Ausprobieren konnte man das gemeinsame Spielen ausprobieren und Erleben. Die Neugier war definitiv da, der Spaß kam dazu.

So ein Umstieg vom Doppelkopfabend auf den Fortnite-Marathon ist vielleicht nicht der einfachste Schritt, kann aber viel bewirken. Auch Menschen, die allgemein nicht mehr gut vor die Tür kommen oder sich zum Beispiel während Corona-Hochphasen isolieren, können übers Gaming sogar deutschlandweit in Kontakt bleiben.

Aktive Freizeitgestaltung, wie sie auch Teil der Alltagsbegleitung ist, könnte in Zukunft also auch eine Spielekonsole oder einen Computer einbeziehen.

VR Perspektiven bieten

Virtuelle Realitäten sind längst nicht mehr nur ein Thema für abgefahrene Wissenschaftsprojekte oder besonders ambitionierte Computermillionäre. Die VR-Brille gibt es für die PlayStation 4 schon lange, andere Anbieter hinkten etwas hinterher in der Verfügbarkeit der Technologie für die „breite Öffentlichkeit“.

Mit Technologie-Offenheit und ein wenig Know-How kann man VR-Brillen aber natürlich auch für mehr als für Spiele einsetzen. Sich mal wieder in der eigenen Stadt umsehen, das geht oft noch im Rahmen eines Tagesausflugs. Aber das früher so geliebte Urlaubsziel besuchen, das kann schon schwieriger sein.

Die entsprechenden Ausflüge mit der VR-Brille lassen sich leicht umsetzen. Und auch wenn der Markt aktuell klein ist: Wenn mehrere Pflegedienste den gemeinsamen Impuls hätten, dass nicht nur die Anschaffung der VR-Brille, sondern auch die Produktion neuer Inhalte lohnend für die Pflege sein könnte, kann viel Neues entstehen. Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.