Pflege in der Vergangenheit: Rückblick auf die 50er

24.12.2021

Pflege in der Vergangenheit: Rückblick auf die 50er

Um die Pflege der 50er Jahre zu verstehen, muss man etwas früher ansetzen und sich schon mit der Pflege in der Nachkriegszeit beschäftigen. Wie alles in Deutschland war auch der Bereich der Pflege vom zweiten Weltkrieg und seinen Konsequenzen bestimmt.

Neben den wirtschaftlichen Folgen eines Kriegs hatte sich auch die Bevölkerungsstruktur in Deutschland (und anderen vom Krieg heimgesuchten Ländern) verändert. Gerade die „junge“ Generation war dezimiert, weil sie im Krieg gestorben oder erkrankt waren. Viele ältere Flüchtlinge, die nicht zu Hause leben bleiben konnten, mussten versorgt werden, zusätzlich zu den vor Ort im Krieg alt gewordenen Menschen.

Pflege als „Dienst“ am Alten

Die Kraft für eine Versorgung zu Hause fehlte. Stattdessen begann der forcierte Aufbau von „Altenheimen“, die damals eher die Funktion einer Aufbewahrung hatten. Arbeitskräfte waren zunächst Freiwillige, religiös Motivierte oder einige wenige Angestellte. Sie versorgten teilweise „Insassen“ der Heime, die nicht wirklich krank oder schwach waren, aber nicht mehr allein mit der Haushaltsführung zurecht kamen.

Grundsätzlich wurden Frauen bevorzugt, denn Pflege war kein „Beruf“, sondern ein Dienst. Dementsprechend wurden auch keine Fähigkeiten erwartet, sondern eher die „richtige“ innere Einstellung. Klischees, nach denen Frauen eher die Kapazität zu Nächstenliebe, Fürsorglichkeit oder Umsorgen hätten, galten noch als Fakt.

Mit dem Aufschwung änderte sich die Perspektive etwas. Weil immer mehr Menschen in Pflege- oder Altenheimen lebten, wurde die Aufmerksamkeit für die benötigten Fähigkeiten größer. Von hauswirtschaftlicher Kompetenz über Organisation, medizinisches Grundwissen bis zur Finanzierung der Versorgung kamen immer mehr Fragen auf, die darauf hinwiesen, dass die Pflege eben nicht nur mit „inneren Werten“ geleistet werden konnte.

Eine Wandlung zum Berufsbild Pflege

Allmählich entwickelte sich damit auch eine Tendenz zur Berufsausbildung in der Pflege. Gerade für Frauen, die damals ohne Erlaubnis von Ehemännern/Vätern wenig durften, ergaben sich so Möglichkeiten: einen Beruf zu erlernen, der unabhängiger machte, aber auch nicht als spätere Ehefrau disqualifizierte. Denn ein langfristig selbstständiges Leben war durch rechtliche und gesellschaftliche Hürden unsicher oder schlicht nicht möglich.

Trotzdem musste eine Lücke geschlossen werden: Krankenschwestern arbeiteten in Krankenhäusern. Ihre Kompetenzen galten in der Pflege als „unnötig“, sie wurden als überqualifiziert für die Arbeit in Alten- oder Pflegeheimen angesehen.

Es entstehen erste Lehrgänge – weiterhin für Frauen -, die unter unterschiedlichen Namen die Kompetenzen der Alten- und Krankenpflege vermitteln, die notwendiger werden.

Perspektivwechsel: Weg von der „Verwahranstalt“

Wenn wir heute über Pflege der Vergangenheit sprechen, bemerken die meisten von uns einen Abfall der persönlichen Fürsorge oder Pflegequalität, der durch den Zeitdruck (oder auch Geldmangel) entsteht.

Wirft man einen Blick zurück in die 50er, erkennt man, dass ein höherer Anspruch an die Pflege (mehr zu sein, als „Aufbewahrung“ der überschüssig gewordenen alten Leute) gar nicht so lang etabliert war, wie wir vielleicht denken. Wenn wir nächsten Monat einen Blick auf die 60er werfen, werden wir zwar anerkennen müssen, dass es in den 50ern bereits erste Veränderungsbestrebungen gab (sonst wären die nicht schon Anfang der 60er umgesetzt worden).

Als Epoche waren die 50er in der Pflege aber eher von der Aufbruchsstimmung eines Landes geprägt, das sich von der Vergangenheit wegdrehen und auch die Alten und Pflegebedürftigen lieber ausblenden wollte. Die Anerkennung der Pflege als gesellschaftlich gewünschte Tätigkeit, die auch Geld der Gesellschaft wert war, erfolgte in dieser Zeit langsam.

Unser aktueller Rückweg?

Andererseits muss man sagen: Es gab den stetigen Wandel entgegengesetzt der Richtung, die wir heute sehen. Obwohl es Deutschland wirtschaftlich nicht schlecht geht, gibt es kein Gefühl von Wohlstand und Aufschwung, der sich auch in einer umfänglichen Fürsorge für pflegebedürftige Menschen niederschlagen würde.

In den 50ern wurden aus Verwahranstalten Orte der stationären Altenpflege. Heute treibt die Gesundheitspolitik aus der Pflege zu Hause hin in Heime – und argumentiert mit den geringeren Kosten der dort möglichen Versorgung.