Pflegegrad-Einstufung: Bereich Haushaltsführung

26.06.2020

Pflegegrad-Einstufung: Bereich Haushaltsführung

Auch dieser Bereich fließt nicht direkt in die Berechnung des Pflegegrads durch den medizinischen Dienst ein, aber er wird bei der Begutachtung berücksichtigt und besprochen. Es kann nicht schaden, sich darauf vorzubereiten, weil die besprochenen Punkte auch mehr Licht auf die anderen Einschränkungen und Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person werfen können.

Wie auch schon im letzten Bereich, der Beurteilung der Außerhäuslichen Aktivitäten für den Pflegegrad, geht es darum, die Selbstständigkeit zu beurteilen. Von der vollständig selbstständigen Planung und Ausführung in einem Bereich über die größtenteils selbstständige Umsetzung mit einiger Unterstützung, die eher unselbstständige Mitwirkungen an Aufgaben bis hin zur vollkommen fehlenden Durchführung von Aufgaben in diesem Bereich.

Wir betrachten die Kategorien wieder jeweils am Beispiel von Frau Müller, die zusammen mit ihrem Enkel und einer Mitarbeiterin des Pflegediensts, der jetzt schon Frau Müller zeitweise betreut, im Gespräch mit dem Gutachter vom medizinischen Dienst ist.

Einkaufen für den täglichen Bedarf

Tägliche Einkäufe können aus unterschiedlichen Gründen schwierig sein. Einerseits kann die körperliche Mobilität einfach so weit eingeschränkt sein, dass jemand Wege, das Tragen oder einfach das Entnehmen von Waren aus einem Regal nicht leisten kann. Andererseits kann die Fähigkeit eingeschränkt sein, Entscheidungen über Einkäufe zu treffen oder zu planen.

Beispiel: Frau Müller schreibt selbst einen Einkaufszettel für die Einkäufe, aber ist körperlich nicht in der Lage, allein einkaufen zu gehen. Sie ist überwiegend unselbstständig.

Zubereitung einfacher Mahlzeiten

Mit einfachen Mahlzeiten sind Kleinigkeiten wie ein Rührei, das Belegen von Brötchen oder das Zubereiten von Heißgetränken wie Tee oder Kaffee gemeint.

Natürlich hängt die Fähigkeit auch von der Ausstattung der Wohnung oder des Zimmers ab, in der die Person lebt: Wer keinen Zugang zu einer Küche oder einem Wasserkocher hat, kann die entsprechenden Fähigkeiten gar nicht testen.

Beispiel: Frau Müller kann sich einfache und auch komplexe Speisen zubereiten. Auf Nachfrage kann sie auch ohne Probleme beschreiben, welche Schritte nötig sind, um Kaffee zuzubereiten. Anders als die andere Oma ihres Enkels vergisst sie auch nicht, den Herd auszuschalten oder ähnliches. Sie ist selbstständig.

Einfache Aufräum- und Reinigungsarbeiten

In diesen Bereich fallen körperlich nicht zu anstrengende Aufgaben wie beispielsweise das Vorbereiten eines Tischs für Mahlzeiten, das Abräumen und Spülen oder Benutzen der Spülmaschine oder Staubwischen.

Wiederum können Probleme im Bereich der körperlichen Durchführung der Aufgaben liegen – wenn jemand beispielsweise zu schwach oder „ungelenkig“ ist, etwas aufzuheben – oder im mentalen Bereich der Planung – wenn beispielsweise nicht erkannt wird, dass eine Aufgabe notwendig ist oder jemand sich nicht erinnert, wie sie erledigt werden kann.

Beispiel: Frau Müller bewegt sich selbstständig in ihrer Wohnung und übernimmt einfache Aufräum- oder Putzarbeiten. Sie koordiniert selbst ihre Wäsche, aber benötigt Hilfe beim Ausräumen der schweren, nassen Ladungen. Auch in diesem Bereich ist sie körperlich leicht eingeschränkt und daher überwiegend selbstständig.

Aufwändige und körperlich schwere Haushaltstätigkeiten durchführen

Schwierigere Aufgaben im Haushalt können körperlich oder mental anstrengender sein. Beispielsweise ist das Waschen von Wäsche oder Beziehen von Betten körperlich sehr anstrengend. Auch Bodenreinigung, Fensterputzen und ähnliches kann fast als Sport gewertet werden – natürlich sind hier einige pflegebedürftige Menschen eingeschränkt.

Mental erfordert die Haushaltsführung einige gedankliche Schritte – das beginnt mit der Erkenntnis, dass die Aufgabe nötig ist.

Beispiel: Frau Müller sieht durchaus, was im Haushalt gemacht werden muss. Auch wenn ihr einige Aspekte nicht mehr so wichtig sind, wie noch vor zwanzig Jahren, hat sie eine gute Übersicht. Sie pflegt auch ihre Wäsche größtenteils selbst. Beim Waschen und Aufhängen von Gardinen oder Bettwäsche ist sie aber wie bei vielen anderen anstrengenden Tätigkeiten auf Hilfe angewiesen.

Nutzung von Dienstleistungen

Neben Dienstleistern, die im Haushalt helfen (Haushaltshilfen, Putzhilfen, Essen auf Rädern, …) fallen in diesen Bereich beispielsweise auch Haar- oder Fußpflege.

Zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen gehören verschiedene Schritte – das Erkennen eines Bedarfs, die Abklärung und Planung beispielsweise übers Telefon und das Einhalten von Terminen.

Beispiel: Ihr Enkel übernimmt für Frau Müller die Planung von vielen Dienstleistungen im Bereich ihres Haushalts. Er organisiert beispielsweise die Beauftragung des Pflegediensts und arbeitet mit ihr viel von ihrem „Papierkram“ ab. Frau Müller organisiert aber selbst Termine mit ihrer Fußpflege und ihrem Friseur, die beide zu Hausbesuchen vorbeikommen. Sie ist überwiegend selbstständig.

Umgang mit finanziellen Angelegenheiten

In diesen Bereich fallen unterschiedliche Aufgaben mit unterschiedlicher Schwierigkeit. Zur Regelung von finanziellen Angelegenheiten gehört beispielsweise das Führen eines Kontos und damit das Bezahlen von Rechnungen oder Empfangen von Zahlungen.

Auf der anderen Seite ist auch der Umgang mit Bargeld ein Aspekt von finanziellen Angelegenheiten: Ist ausreichend Bargeld vorhanden (oder zu viel)?

Weitere, komplexere Überlegungen zu Geld sind Entscheidungen zu Anlageprodukten oder das Aufnehmen von Krediten beispielsweise durch Ratenzahlungsvereinbarungen.

Beispiel: Frau Müller kümmert sich selbst darum, Rechnungen, die sie erhält, zu sortieren. Ihr Enkel übernimmt allerdings die Durchführung der Online-Überweisungen. Der Umgang mit Bargeld oder ihrer EC-Karte ist kein Problem für sie. Sie ist überwiegend selbstständig.

Umgang mit Behördenangelegenheiten

In diesen Bereich fallen Aufgaben wie das Lesen und Verstehen von Briefen von Behörden oder anderen offiziellen Stellen – beispielsweise auch der Krankenkasse oder Pflegekasse. Dabei reicht es, wenn die Personen eine allgemeine Entscheidung treffen können, sie müssen nicht die Details im Kleingedruckten verstehen können.

Wichtig ist zum Beispiel, entscheiden zu können, ob auf eine Kontaktaufnahme noch eine Antwort folgen muss oder eine Angelegenheit erledigt ist.

Beispiel: Wie erwähnt hilft ihr Enkel Frau Müller bei ihrem „Papierkram“ und übernimmt teilweise die Organisation von Gesprächen, Antworten auf Briefe oder Anträge. Er bespricht all diese Schritte mit Frau Müller, aber sie selbst würde sich allein mit den Unterlagen überfordert fühlen. So ist sie eher überwiegend unselbstständig in diesem Bereich.

Über den Bereich „Haushaltsführung“

Der Bereich Haushaltsführung wird im Gespräch mit einem Beauftragten vom medizinischen Dienst besprochen, auch wenn er keinen direkten Einfluss auf die „Punktevergabe“ hat. Er gibt einen Einblick in Fähigkeiten und Probleme im Alltag der Person, die die Beurteilung beantragt hat.

Bei Frau Müller wird in diesem Bereich beispielsweise noch einmal deutlich, wie sehr sie im Alltag auf die Unterstützung durch eine andere Person angewiesen ist, sobald sie für eine Aufgabe das Haus verlassen müsste.

Die Beschreibungen über Einschränkungen in diesem Bereich können auch vom medizinischen Dienst genutzt werden, um die Angaben auf Konsistent zu prüfen. Wenn jemand beispielsweise im Bereich Mobilität angibt, nicht allein Treppenstufen steigen zu können, aber regelmäßig allein einkaufen geht und auch Wasserkisten in die Wohnung trägt, können Zweifel an der Ehrlichkeit der Aussagen aufkommen.