Neue Möglichkeiten: Intensivpflege studieren statt lernen?

16.04.2021

Neue Möglichkeiten: Intensivpflege studieren statt lernen?

Intensivpflege ist etwas für Profis – nur Fachpflegekräfte, die eine entsprechende Weiterbildung absolviert haben, dürfen beispielsweise die Beatmung von Pateinten vornehmen und überwachen. Die Qualifikationsansprüche sind relativ hoch: Neben Berufserfahrung ist eine Fortbildung gefordert, um sich mit den verschiedenen Techniken der Intensivpflege und den besonderen Herausforderungen vertraut zu machen.

Jetzt bietet beispielsweise die Uni Rostock den Studiengang „Intensivpflege“ mit Bachelorabschluss an. Ein Paradebeispiel der „Akademisierung“ der Pflege, an dem man einige Vor- und Nachteile gut beleuchten kann.

Wie sich Fachweiterbildung und Studium unterscheiden

Tatsächlich enthält der Studiengang – so wie er an der Uni Rostock konzipiert ist – bereits die Fachweiterbildung Anästhesie und Intensivpflege – darüber hinaus werden weitere Inhalte vermittelt, sodass man nach vier Jahren nicht nur die Fachweiterbildung, sondern auch einen Bachelorabschluss hat.

Damit dauert das Studienprogramm doppelt so lang wie die reine Fachweiterbildung – wer die schon absolviert hat, kann andersrum aber unter Umständen auch direkt ins 5. Fachsemester einsteigen und sich damit das halbe Studium „sparen“ (also erbrachte Leistungen aus der Fachweiterbildung anerkennen lassen).

Das Studium ist mit 21 CP pro Semester nicht ganz als Vollzeitprogramm ausgelegt (die umfassen üblicherweise etwa 30 CP pro Semester). „Nebenbei“ zu arbeiten kann für einige Studierende möglich sein, vor allem in Teilzeit. Die Fachweiterbildung läuft meistens berufsbegleitend über zwei Jahre, das funktioniert oft sogar neben einer Vollzeittätigkeit.

Das Studium bietet über die Fachweiterbildung hinaus einerseits einige Einblicke ins wissenschaftliche Arbeiten und andererseits vertiefte Vorbereitung auf die eigenständige Planung, Evaluation und Beratung.

Damit sind die Berufsaussichten auch etwas erweitert: Wer das Studium absolviert hat, hat viele Grundlagen für eine Teamleitung in der Intensivpflege theoretisch und praktisch gelernt. Diese Kompetenzen können dann – mit Praxiserfahrung – zu einer „besseren“ Stelle führen.

Studium oder Fachweiterbildung: Was ist besser?

Wer sich als ausgebildete Pflegekraft im Bereich Intensivpflege weiterbilden möchte, hat die Wahl zwischen reiner Fachweiterbildung und Studium – oder kann auch einfach erst die Fachweiterbildung berufsbegleitend absolvieren und dann später, bei weiterem Interesse, das Studium aufnehmen und die FWB anerkennen lassen.

Wer von Anfang an das Studium in Rostock wählt, sagt damit (auch im Lebenslauf), dass schon früh der Weg in die Teamleitung oder andere Führungspositionen klar war. Dank des Pflegekraftmangels ist es vermutlich kein Problem, einen Job in der Nähe der Uni zu finden, der neben dem Studium weiterlaufen kann – auch wenn es vielleicht eine Weile dauert, ein Team zu finden, das wirklich passt.

Wer lieber schrittweise schauen möchte, kann aber wie erwähnt auch schrittweise vorgehen. Nach der FWB und einigen Jahren Arbeit in der Praxis kann das Studium Möglichkeiten bieten, das eigene Wissen zu vertiefen, erste stark angeleitete Erfahrungen in der Planung der Pflege zu machen und auch den eigenen Horizont in Richtung akademischer Perspektive zu erweitern.

Damit ist das Studium gerade eine Möglichkeit für diejenigen, die schon festgestellt habe, dass die Intensivpflege genau das Richtige für sie ist.

Studium zur Orientierung?

Gleichzeitig ist das Studium eine gute Gelegenheit für eine „Pause“ für alle, die sich nach einigen Jahren in der Praxis fragen, wie es weitergehen soll. Ein Beispiel wäre jemand, der überlegt, ob die Herausforderungen einer Teamleitung das Richtige wären. Oder der durch ein Studium und das weitere Fachwissen erst das Selbstbewusstsein hätte, sich auf eine „höhere“ Stelle zu bewerben.

Bisher war ein Studium nicht nötig – es gab auch keine entsprechenden Angebote. Deswegen kann man davon ausgehen, dass auch in den kommenden Jahren ein Studium einerseits nicht nötig ist und andererseits nicht automatisch alle Türen öffnet – denn es bewerben sich auch Fachkräfte mit vielen Jahren Berufserfahrung auf die Stellen. Das Wissen haben sie im Job erlangt oder sich angelesen.

In Zukunft kann die „Akademisierung“ der Pflege aber auch wie in anderen Bereichen bedeuten, dass die „reine Ausbildung“ weiter abgewertet wird. Das passiert nicht unbedingt bewusst durch die Pflegedienste, sondern automatisch durch eine Verschiebung: Wenn es mehr Bewerber mit Studienabschluss gibt, gibt es bald auch mehr Bewerber mit Studienabschluss und Berufserfahrung. Irgendwann sind dann noch mehr Jahre Erfahrung nicht mehr genauso beeindruckend wie ein zusätzlicher Abschluss oder besondere Kenntnisse. Deswegen kann ein weiterer Vorteil eines Studiums gerade für junge Pflegekräfte sein, sich einfach auf die Zukunft vorzubereiten.